Das kleine ZIG

Egal, um welchen Dienst es sich dreht, den Benutzern geht es immer zu langsam. Der Schwerpunkt des ADMIN-Magazins 05/2011 verrät, mit welchen Tools man ... (mehr)

Liebe Leserinnen und Leser,

"Das kleine ZIG ist ein Fanal, / mit zwanZIG kommt's zum erstenmal. / Du find'st das kleine ZIG recht fein / und möchtest gar noch älter sein." (unbekannter Dichter)

Gerade, weil ich eigentlich Lyrik mag, löst diese Art volkstümelnder Pennälerpoesie bei mir stets ein massives körperliches Unbehagen aus. Ich höre die Wildecker Herzbuben grüßen, sehe Wackeldackel und gehäkelte Klopapierhüte vor meinem inneren Auge, und mir wird flau in der Magengegend. Aber in diesem besonderen Fall verlangt mir das Schicksal vielleicht eine schwere Prüfung in Selbstüberwindung ab: Linux, der Jubilar feiert einen runden Geburtstag, ist prominent, das Publikum bunt und würde das mit dem kleinen ZIG nicht doch passen?

Aber halt, vielleicht ja auch nicht. Wie alt werden Betriebssysteme eigentlich?

Wenn man sich unter Zeitgenossen und Altvorderen des Geburtstagskindes umsieht, gewinnt man eher den Eindruck, Linux sei ein Greis, dem alle Altersgenossen bereits weggestorben sind. OS/2 zum Beispiel (1987-1999) wurde schon mit 12 von seinem glücklosen Dasein erlöst. BeOS (1998-2001), das vorgebliche Multimedia-Betriebssystem, kam bereits in frühester Jugend nicht mehr mit den Spielgefährten mit und schied im zarten Alter von vier Jahren von hinnen. Auch seinen Nachfolger Zeta (2003-2007) ereilte der plötzliche Kindstod. Zuvor hatte CP/M (1974-1983) immerhin fast eine zweistellige Zahl an Jahren erreicht, die ihm post mortem sogar zugebilligt werden kann, wenn man die Klone SCP und CP/A mitrechnet, die noch bis über das Ende der Achtzigerjahre hinaus in der DDR auf PC 1715 und Konsorten Dienst taten. Auf ein vergleichsweise biblisches Alter brachte es MS-DOS: Zwischen der ersten (1981) und der letzten Version (DOS 8.0 in Windows ME, 1999) lagen immerhin 18 Jahre. Aber eben keine 20. Und Windows ist nur dann ein Twen, wenn man viele Ausgaben am Anfang mitzählt, die eigentlich gar kein Betriebssystem waren, sondern bloß ein grafischer Aufsatz für das dabei unverzichtbare DOS.

Tatsächlich ältere Betriebssysteme – und hier deutet sich vielleicht ein genetischer Zusammenhang an – finden sich vor allem im familiären Umfeld von Linux, unter den Unixen. AIX wurde 1986 geboren und erfreut sich heute als Mitzwanziger noch immer bester Gesundheit. Rechnet man die ersten SunOS-Versionen (gebürtige BSDs) mit, ist Solaris (verheiratetes System V) noch ein paar Jahre älter. Genauso alt ist HP-UX (*1982). Auch Sinix (*1984) ist lange kein Teeny mehr, und Irix (*1983) liegt zwar auf dem Sterbebett (abgekündigt für 2013), wird dann aber immerhin dreiZIG gewesen sein. Noch älter ist BSD (*1977), auch wenn es unter dem jugendlichen Namen 4.4BSD firmiert.

Auf jeden Fall gibt der Stammbaum Grund zur Hoffnung auf noch ein paar Linux-Jahrzehnte, die die Erfolgsgeschichte im Rechenzentrum fortsetzen. Desktop-Betriebssysteme gibt es dann, der Cloud sei dank, eh nicht mehr, und so hat sich auch der Kleinkrieg mit Mac OS um die Brosamen erledigt, die von Microsofts Tisch fallen. Linux aber lebt.

"Und werden's hundert Jahr – famos! / – dann bist das ZIG Du wieder los!"

In diesem Sinn: Happy Birthday Linux!

Kommentare

Wenn schon denn schon ...

Bei Solaris zählt ihr die "Altversion" dazu, die eComStation (Nachfolger von OS/2) aber nicht .... neben Linux erfreuen sich die beiden vorgenannten bei mir bester Lebensfreude ....

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