Workshop: Raspberry Pi als Mailserver

Postzentrale auf einer Platine

Raspberry Pi heißt ein kleiner, derzeit sehr beliebter Ein-Chip-Computer in der Größe einer Zigarettenschachtel. Das Gerät ist nicht das schnellste, dafür verbraucht es im Betrieb nur 5 Volt und ist sehr preisgünstig. Dieser Workshop zeigt, wie Sie den Raspberry Pi als Mailserver aufsetzen.
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Am Anfang stand die Idee, einen günstigen Computer für Jugendliche herzustellen, damit diese wieder mehr experimentieren und das Programmieren lernen. Deswegen wurde 2009 in Großbritannien die Raspberry Pi Foundation [1] gegründet. Ursprünglich sollte der Raspberry-Rechner einen fest eingebauten Python-Interpreter haben – daher das “Pi” im Namen. Die anfänglichen Pläne wurden allerdings bald über den Haufen geworfen und inzwischen gibt es verschiedene freie Unix-Betriebssysteme für den Raspberry (zu Deutsch: Himbeere). Windows RT würde auf dem Raspberry vermutlich nicht laufen, da es einen Arbeitsspeicher von 1 GByte benötigt. Der interne Rechnerspeicher beträgt beim Raspberry der zweiten Generation nämlich nur 512 MByte.

 

Gesteuert wird das Gerät von einem ARM-Prozessor mit 700 MHz, wie er auch in Smartphones vorkommt. Das Übertakten auf bis zu 1 GHz ist jedoch möglich. Das Betriebssystem und die Programme finden auf einer SD-Karte Platz. Diese sollte mindestens 4, besser jedoch 8 GByte groß sein, denn das System selbst benötigt bereits etwa 2 GByte. Außer dem SD-Karten-Adapter hat der Raspberry Pi in der zweiten Version noch acht weitere Anschlüsse: Audio, LAN, HDMI, RCA-Video, zwei Mal USB für Maus und Tastatur, ein Micro-USB-Anschluss für die 5 Volt-Stromversorgung mit bis zu 1,2 Ampere sowie zum Experimentieren ein GPIO (General Purpose Input/Output), der sich per Software steuern lässt.

 

Auf veraltete Technik wie VGA verzichtet das Gerät. Einen Monitor schließen Sie am besten über HDMI an. Die Ausgabe kann allerdings auch über das Composite-Signal des RCA-Videoadapters beispielsweise auf ein Fernsehgerät erfolgen. Der VideoCore-Grafikprozessor von Broadcom gibt über beide Ausgänge Filme in Full-HD-Qualität wieder. Die Hersteller wollen den Raspberry Pi inzwischen über 2,5 Millionen Mal verkauft haben. Zirka 35 Euro kostet der Rechner in der überarbeiteten zweiten Version, Gehäuse gibt es für etwa fünf Euro. Wer will, kann außerdem noch ein paar Euro in Kühlkörper investieren – laut Raspberry Pi Foundation ist dies aber nicht notwendig.

Bild 1: Um die IP-Adresse des Raspberry Pi herauszufinden, benutzen Sie das Programm “ifconfig” in einem Terminal

Installation des Betriebssystems

Der Raspberry Pi startet, nachdem Sie eine SD-Karte eingelegt und den USB-Stromadapter in die Steckdose gesteckt haben. Zunächst müssen Sie auf der SD-Karte ein Betriebssystem-Image aufspielen. Das ist seit letztem Jahr ziemlich einfach, denn die Raspberry-Stiftung hat inzwischen die “New Out of Box Software” – kurz: NOOBS – entwickelt, über die sich derzeit sieben verschiedene Systeme installieren lassen. NOOBS wird bei der Erstinstallation gestartet und kann später während des Bootens über die Umschalttaste aufgerufen werden. Unter anderem sind im Startsystem Raspbian, Pidora und zwei XBMC-Mediacenter-Distributionen im Angebot. Die Stiftung empfiehlt die Debian-Variante Raspbian.

 

Die SD-Karte muss mit dem FAT-Dateisystem formatiert sein. Das ist normalerweise der Fall. Sollte die SD-Karte ein anderes Dateisystem haben, formatieren Sie sie mit dem Formatierungsprogramm “SD Formatter” [2] unter Windows oder Mac OS X entsprechend. Unter Windows müssen Sie die Option “Format Size Adjustment” im Optionen-Menü einschalten. Unter Mac OS X wählen Sie zum Formatieren “Overwrite Format”. Setzen Sie Linux ein, formatiert die Karte mit gparted oder parted.

 

Im nächsten Schritt laden Sie NOOBS [3] herunter, entpacken das Archiv und kopieren den gesamten Inhalt auf die SD-Karte. Danach stecken Sie die SD-Karte in den Raspberry und schließen das Gerät ans Stromnetz an. Der Pi startet NOOBS und Sie können ein Betriebssystem installieren. Achten Sie außerdem darauf, Sprache und Keyboard-Layout einzustellen.

 

Sollte der Bildschirm nichts anzeigen, wählen Sie einen von vier Ausgabemodi über die Tasten 1, 2, 3 oder 4:

1. HDMI (Default)

2. HDMI: sicherer Modus; wählen Sie diesen, wenn Sie HDMI nutzen, aber nichts auf dem Monitor zu sehen ist

3. Composite PAL: Verbindung über den Cinch-Stecker

4. Composite NTSC: Verbindung über den Cinch-Stecker

 

Funktioniert beispielsweise nur der sichere HDMI-Modus, können Sie diesen in NOOBS dauerhaft einstellen, indem Sie auf das installierte Betriebssystem klicken und dann “Einstellungen bearbeiten” wählen. In der Datei config.txt müssten Sie in diesem Fall das Kommentarzeichen in der zweiten Zeile löschen.

Bild 2: Nach der Anmeldung per SSH können Sie sich auf dem Raspberry Informationen über die Exim-Pakete holen

Nach der Grundinstallation startet das Konfigurationsprogramm raspi-config. Mit dessen Hilfe legen Sie ein paar Standardeinstellungen fest. Sinnvoll ist hier unter anderem das Booten direkt in die Oberfläche (Option 3), eventuell das Übertakten (Option 7) sowie die erweiterten Einstellungen (Option 8), in denen Sie den Hostnamen festlegen oder den SSH-Server für den Zugang über das Netzwerk einschalten. Mit der Tabulator-Taste gelangen Sie zurück ins Hauptmenü (Option “Back”), um dort über “Finish” die Installation zu beenden.

 

Der Anmeldename am System ist nun “pi”, das Passwort heißt “raspberry”. Angeben müssen Sie die Credentials allerdings nach dem Start nicht. Sollten Sie auf die Desktop-Option verzichtet haben, erscheint nach dem Hochfahren nur ein Prompt. An dem können Sie mit startx die grafische Benutzungsoberfläche LXDE (Lightweight X11 Desktop Environment) starten.

Mailserver-Installation vorbereiten

Manches ist aus der Ferne einfacher zu erledigen. So auch beim Raspberry per Secure Shell. Um per SSH auf den Raspberry Pi zugreifen zu können, benötigen Sie dessen IP-Adresse. Diese bekommen Sie ganz einfach heraus, indem Sie zunächst das LXTerminal auf dem Desktop starten und darin den Befehl ifconfig eingeben. Die vom DHCP-Server zugewiesene IP-Adresse des Rechners steht in der Zeile hinter “inet Adresse:”. Anschließend können Sie sich von einem anderen Rechner aus mit dem Befehl

 

 

ssh pi@IP-Adresse

 

 

mit dem Raspberry verbinden. Über die Secure Shell richten Sie nun den E-Mailserver ein. Der Standardmailserver unter Debian ist Exim. Dieser sogenannte Mail Transfer Agent verschickt die Mitteilungen weltweit, nimmt sie entgegen und leitet sie an die Postfächer der Benutzer weiter. Als Briefträger dient das Programm Procmail. Gelesen werden die Nachrichten dann mit einem Mail-Programm. Ist der Mail Transfer Agent mit einer eigenen IP-Adresse mit dem Internet verbunden, kommen Mails direkt an. Anderenfalls übernimmt ein Tool wie Fetchmail die Botendienste.

 

Der Mailserver Exim ist in Debian auf drei Pakete aufgeteilt: exim4-base enthält Dateien, die für alle Exim-Daemons benötigt werden; exim4-config enthält die Konfigurationsdaten und exim4-daemon-light ist das ausführbare Programm. Der Daemon kann durch das Paket exim4-daemon-heavy ersetzt werden, das erweiterte Funktionen wie LDAP und SQL-Anfragen besitzt. Seit Exim-Version 4.50 (aktuell ist in Debian Wheezy die Version 4.80) ist in der Heavy-Variante auch eine Erweiterung zum Scannen der Mail-Inhalte nach Spam und Viren über ACLs integriert.

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